Krankenstation
Früher Abend
Mit Almeida, Shir
Leise betrat Acido den abgesperrten Bereich auf der Krankenstation, in dem Shir lag. Zwar hatte er sich von Jiros sagen lassen, dass sie wach und ansprechbar sei, doch er wusste aus eigener Erfahrung, wie anstrengend eine KoltoX-Behandlung war und die mentale Befragung durch Krason war sicherlich auch nicht spurlos an ihr vorübergegangen, auch wenn der Dunkle Lord ihm versichert hatte, achtsam mit dem fragwürdigen Verstand der jungen Captain umgegangen zu sein, bevor er sich schließlich selbst zurückgezogen hatte. Anscheinend besaß er doch noch einen Funken Anstand, um den beiden Offizieren ihre Privatsphäre zu gönnen, oder er war schlicht und ergreifend selbst erschöpft von der langwierigen Prozedur. Schließlich hatte er sich nicht nur um Shirs Gefühlswelt gekümmert...
Angewidert betrachtete Acido ein millionenfach vergrößertes Abbild einer der Nanosonden, die seit dem Vorfall auf der Ordens-Station in Shirs Körper - und offenbar auch Verstand - wüteten, auf einem kleinen Diagnose-Holo neben dem Bett, ehe er es abschaltete, um den Blick sorgenvoll auf die Patientin zu wenden, die im Augenblick noch zu schlafen schien.
Dass sie enttäuscht von ihm war, wusste er. Dafür brauchte er Krasons Bericht nicht. Und da war sie auch nicht die erste.
Sein Blick fiel auf den Unterarm-Computer, den man ihr zu Behandlungszwecken abgenommen hatte, und er nahm ihn an sich, um ihn ebenfalls nachdenklich unter die Lupe zu nehmen.
Wie viel wusste Bradly von all dem? Und wie viel hatte Shir dazu beigetragen, dass er es wusste?
Nein, Shir war nicht die Einzige, deren Vertrauen durch seine Taten verletzt worden war. Und sie würde mit absoluter Gewissheit nicht die Letzte sein... aber das war das Los des Kommandanten; die Rolle, die ihm in diesem ganzen bizarren Konstrukt zugedacht worden war. Entscheidungen wurden getroffen und jemand musste seinen Kopf dafür hinhalten. Nicht immer waren jene, die entschieden, auch jene, die dafür gerade standen; im Falle des Militärs selten.
Auch er war nur ein Zahnrad in diesem System, selbst jetzt noch. Aber seine Aufgabe war es, das Getriebe am Laufen zu halten. Und deshalb war er hier. Shir war nicht nur eine Freundin und ehemaliger Wingman. Indem er ihrem Antrag entsprochen und sie an Bord unter seine Fittiche genommen hatte, war sie eine Verpflichtung eingegangen, deren Tragweite sie wohl beide damals unterschätzt hatten. Nun fragte er sich, ob er ihr mit all dem nicht zu viel aufgebürdet hatte; ob er sie nicht besser wie den Rest der Galaxie im Unklaren zurückgelassen hätte. Sicher hätte sie ihn verteufelt, vielleicht sogar gejagd und zur Strecke gebracht. So oder so, ihr Verhältnis zueinander hätte sich geändert.
Und nun war es ohnehin zu spät für Bedauern. Wenn sie die Notwendigkeit für das, was sie hier taten, und wofür er kämpfte, nicht verstand, gab es nur noch eine Lösung.
Fast behutsam legte er den Computer mit dem wohl versteckten Notsignal-Sender zurück zu Shirs Sachen und wandte sich zu ihr um, als er glaubte, ein leises Rascheln der Krankenbettdecke zu hören.
"Bist du wach?", fragte er mit ruhiger Stimme.