Landebucht 33
Shir Almeida, Acido Hailfire, Corlan Jiros, (frei für alle)
Wie hatte er doch diese alten, sich ständig wiederholenden Holo-Dramen genossen, sich oft in sie hineingeflüchtet in seiner Zeit auf der Akademie, als er, verraten von allem, das er gekannt hatte, nach ausschweifenden Eskapaden in den untersten Stockwerken Coruscants, in denen er all das zu Verdrängen versucht hatte, schließlich in den Streitkräften gestrandet war. Rache war sein Motiv gewesen, Selbstzerstörung sein Ziel. Er hatte nicht mehr leben wollen und sich trotz seiner massiven Alkoholsucht für die Jagdstaffeln qualifiziert. Damals, als der überwiegende Großteil des imperialen Jägercorps noch nicht über Schilde, oder Hyperraummotivatoren verfügt hatten und jedes Raumgefecht einem Himmelfahrtskommando glich, hatten sie jeden genommen, der bereit war, im Kampf gegen die Rebellen Allianz zu sterben. Und das war er. Nur dass er es überlebt hatte. Immer und immer wieder... bis jetzt.
Brennend durchfuhren ihn die Lebensgeister, als der Doc ihm einen Schluck des Selbstgebrannten aus seinem Flachmann in die Kehle schüttete, auch wenn es in Wahrheit wohl das Adrenalin war, das er ihm injiziert hatte. "Kommen Sie Skipper, bleiben Sie bei mir.", hallte seine Stimme in Acidos Kopf wider, als er prustend zur Besinnung kam und unverwandt in das freudlos verhärmte Gesicht seines Leibarztes blickte. Jiros war einer seiner ältesten Freunde und Weggefährten und ja, auch Vertrauter - auf seine ganz eigene, verschrobene Art vielleicht sogar näher an ihm als es Shir seit geraumer Zeit gewesen war.
Sie alle hatten sich vor vielen Zyklen unter Bradlys Kommando kennengelernt und damals war Jiros noch ein faschistoider Alt-Imperialer gewesen, der seine Verachtung für Nicht-menschliche-Spezies offen zur Schau getragen hatte - ein Image, das er noch bis heute gerne pflegte, aber Pflicht, Not und Zwang hatten die beiden Männer zusammengebracht und mit der Zeit trotz ihrer Differenzen gegenseitigen Respekt erblühen lassen. Acido sah hinter die Scharade, auch wenn der Doc das meiste, das er sagte, wirklich so meinte, selbst wenn es seinen Tod bedeuten mochte - in ihrer völligen Missachtung des eigenen Lebens waren sie sich nur all zu ähnlich.
'Ich werde immer bei dir bleiben.', wollte etwas in ihm erwidern, stattdessen schob er den Doc unwirsch von sich, als er mit dem Rücken voran in Richtung der Harrowinger robbte, um sich an seiner blankpolierten Durastahlhülle anzulehnen. Er brauchte einen Moment, um durchzuatmen. Die Verwundung seiner Lunge saß tiefer, als es der ohnehin schon fatale Lichtschwertstoß von Shazarat vermuten ließ. Kurz flammten Bilder des Gefangenenlagers in den Sternen, die vor Acidos Augen tanzten, auf. Es war die Endzeit der VSD II Stormhawk gewesen, damals, unter Bradly, als er und seine Crew in feindliche Gefangenschaft geraten waren und in dieses Arbeitslager gesteckt wurden. Man hatte sie ihr eigenes Grab ausheben lassen und als Acido aufbegehert hatte, um seine Kameraden zu schützen, hatten sie ihn Salz fressen lassen. Die massiven, inneren Verätzungen, die seine geonosianische Physiologie dabei erlitten hatte, waren nicht die einzigen problematischen Narben, die er aus dieser Zeit davongetragen hatte. Damals...
"Wen nennst du hier einen Greis?", blaffte er Shir schließlich an, als die improvisierte Thoraxdrainage langsam Wirkung zeigte und das angesammelte Blut aus der punktierten Lunge zuerst in Acidos Uniform und dann auf den Hangarboden ablaufen ließ.
Auch wenn sie es gerne anders darstellte, weil man es ihr auch kaum ansah, war die Dunkle Jedi tatsächlich die mit Abstand Älteste in der Runde - so alt, in der Tat, dass es Acido ein bisschen verwundert hatte, dass der Dunkle Orden überhaupt noch ein Interesse an ihr gehabt hatte. Andere waren in ihrem Alter bereits Meister und aus den gesperrten Archiven wusste er, dass die Jedi der Alten Republik stets nur Jünglinge ausgebildet hatten - vermutlich, da die Gefahr von mentaler Instabilität durch die Entbehrungen der Schulungen sonst zu groß wurde, und ein Grund, warum es der Dunkle Orden nun anders hielt. Die alten Sith legten keinen gesteigerten Wert auf das Wohlergehen ihrer Unterstützer - in dieser Haltung hatten sie sich seit jeher mit der geonosianischen Kultur gemein gemacht. Das Individuum war entbehrlich, solange es dem großen Zweck diente.
Aber davor, so hatte er es sich selbst geschworen, als er Shir zurück unter sein Kommando geholt hatte, würde er sie bewahren. Damals war sie von der Instabilität ihrer Persönlichkeit geplagt gewesen und vieles hatte sich seither verschlechtert, bis er sich die Hilfe des Dunklen Ordens gesucht hatte. Und er musste zugeben, dass Nyssa große Fortschritte mit der Psyche seiner ehemaligen Wingman gemacht hatte, auch wenn, wie sie ihm selbst vermittelt hatte, der Großteil der Arbeit in ihrer persönlichen Beziehung zueinander lag. Und selbst wenn er Shir schon hunderte Male für ihr widerstrebendes Verhalten innerlich zum Tode verurteilt hatte, war er nicht bereit, sie aufzugeben. Ebenso wenig wie das Spice. Oder Jiros.
In gewisser Weise hielten sie sich alle drei gegenseitig am Leben. Keine ihrer Welten, weder die Geonosianische, noch die Imperiale, oder die der Sith hatten Respekt vor dem Leben - und dem Überleben ihrer eigenen Mitglieder. Keiner von ihnen hatte je gelernt, auf sich selbst zu achten, oder die eigenen Grenzen zu akzeptieren. Vielleicht umgab er sich gerade deshalb mit diesen streitbaren Charakteren, obwohl er doch sonst auf absolute Loyalität pochte - um auf dem Höhenflug seiner Macht nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren. In ihrer selbstvergessenen Rücksichtslosigkeit gaben sie sich hinter dem Deckmantel ihrer dienstlichen Pflicht alle einen Grund, für einander da zu sein, und immer weiter zu machen, weiterzuleben.
"Du irrst dich.", brachte er schließlich grollend hervor, während er sich mühsam seiner Uniformjacke entledigte, die sich langsam mit seinem Blut vollsog. Als dann zunächst Stille anstelle der erwarteten Widerworte folgte, sah er auf und blickte in die Gesichter seiner Freunde, wo er Anklage, Mitleid und Besorgnis zu gleichen Teilen zu sehen glaubte. "Ihr irrt euch beide.", beharrte er starrsinnig wie eh und je. Das Spice war kein Problem, davon war er überzeugt, sondern ein Ermöglicher. Es brachte ihn einer Macht näher, die er nicht verstand, aber begehrte - und damit auch Shir. War sie deshalb so vehement dagegen? Weil sie fürchtete, dass er einen Draht zu ihr fand, der sie stärker beeinflusste, als es ihr lieb war?
Wenn sie nur wüsste, dass er ohne die photoaktive Substanz, wie unzählige andere Kommandanten des Imperiums, längst unter dem Gewicht seiner Position zusammengebrochen wäre, würde sie es akzeptieren?
Mit noch leicht zittriger Hand deutete er auf den erstarrten Amphistab, der nach wie vor zu Shirs Füßen lag. "Wenn ich bitten darf..?"